GRABREDE FÜR PATRICK SCHÜRMANN

Heute Morgen ereignet sich ein seltenes Phänomen am Himmel. Wenn der Mond zwischen Sonne und Erde hindurch zieht und sein Schatten auf die Erde fällt, findet eine Sonnenfinsternis statt. Die alten Griechen nannten sie „Ekleipsis“, was nicht nur Überlagerung und Verdeckung bedeutet, sondern auch „Auslöschung“. In der Menschheitsgeschichte wurden diese Himmelsphänomene unterschiedlich gedeutet und wahrgenommen: Schlachten wurden ängstlich abgebrochen, Endzeitstimmung verbreitete sich, aber manche erblickten darin auch einen Neuanfang – weil es eine Sonnenfinsternis nur bei Neumond gibt und nach einigen Stunden die Schatten dem Glanz der Sonne weichen.

Abschiednehmen von Patrick ist wie eine Sonnenfinsternis: Überlagerung, Verdeckung, Auslöschung und Neuanfang.

Fast genau vor zwei Jahren, als er eines Tages zu mir ins Büro kam und mir anvertraute, man hätte bei ihm einen bösartigen Tumor diagnostiziert, war Patrick Schürmann erst 42 Jahre alt. Es war eine Routineuntersuchung gewesen, weil ihn ein lästiger Husten plagte. Patrick war zwar bestürzt, aber nicht verzweifelt. Sofort fasste er Mut und Hoffnung. Beides sollte er bis zuletzt nicht verlieren.

Mut und Zuversicht gehörten zu seinen zahlreichen Eigenschaften. Patrick war ein Kämpfer für die Anliegen seiner Klienten und Mitmenschen, aber ohne je seine Ruhe und Contenance zu verlieren. In der Sache hart, im Umgang mit Menschen aber stets um Ausgleich bemüht – gerecht, fürsorglich, stressresistent, kollegial, - ein Partner, wie er im Buch steht.

Patrick war viel mehr als nur ein Geschäftspartner. Er war ein Freund und Bruder, dem man alles anvertraut hat.

1998 begann er bei Dr Dr Batliner & Partner als Konzipient seine berufliche Karriere. Nach der Anwaltsprüfung 2001 wurde er Partner unserer Kanzlei – inzwischen nannten wir uns Advokaturbüro Dr Dr Batliner & Dr Gasser. Die akademischen Titel waren offensichtlich so ansteckend, dass Patrick bald darauf an seiner Dissertation zum liechtensteinischen Stiftungsrecht an der Paris-Lodron-Universität in Salzburg zu arbeiten begann. Nach kurzer Zeit schloss er mit dem verdienten Doktorat ab. Universitäre Abschlüsse hatte er zuvor bereits von der HSG und der Universität in Brüssel in Europarecht erworben. Sie bildeten eine solide Basis für seine ausgezeichnete juristische Fachkompetenz und sein Fremdsprachentalent. Englisch und Französisch waren fortan die Sprachen, die seinen beruflichen Lebensalltag prägten.

Als Patrick, Peter Monauni und ich in der Anwaltskanzlei Batliner Gasser loslegen, ahnen wir noch nicht, dass die Mitarbeiteranzahl rasch steigen, ja sich sogar in der fast fünfzehnjährigen Zusammenarbeit verzehnfachen würde. Patrick wird als verlässlicher Berater und Partner in allen rechtlichen Agenden vor allem für die First Advisory Group tätig. Er lebte mit diesen internationalen Mandaten und lebte auf. Seine Grösse lag in der Beherrschung des Werkzeugkastens eines versierten Juristen: Überzeugen zu können, ohne streitlustig zu sein. Vertrauen und Brücken zu bauen zwischen Konfliktparteien, die sich nichts mehr zu sagen hatten. Wege und Lösungen zu finden, wo es bereits aussichtslos schien.

In einem angezählten Leben, in dem jede Stunde zählt, verbrachte er bis zuletzt unzählige Stunden auf Geschäftsreisen und im Büro. Unermüdlich, arbeitsam und fleissig. Die Arbeit wurde zu seinem Lebenselixier.

Patrick war aber auch als Privatmann hoch geschätzt. Seine sympathische und verbindliche Art trug in unserer Kanzlei wesentlich zur Unternehmenskultur bei. Bei Ausflügen und Firmenfeiern war er der Stimmungsmotor. Unvergesslich sind für mich die vielen gemeinsamen, weinseligen Stunden, als Patrick seine Schlager intonierte und wir alle lautstark miteinstimmten. „Siebzehn Jahr, blondes Haar“, „Hello again“ und „Jetzt trink ma no a Glaserl Wein“. Unvergesslich seine sympathische Art, die in allen den Wunsch weckte, sein Freund zu sein, auf Lebenszeit.

Patrick hat den Kampf gegen den Krebs kompromisslos aufgenommen. Keine Klagen waren zu hören, kein Verdruss, keine Hoffnungslosigkeit. Bis in den letzten Wochen war diese Disziplin und Hoffnung ansteckend, doch in den letzten Tagen der gemeinsamen Arbeit wurde sichtbarer, dass der Kampf schwieriger sein würde als gehofft. Trotzdem erreichte uns die Nachricht seines viel zu frühen Todes völlig überraschend, und lässt uns voll Trauer und Schock zurück.

Im Jahr 2008 beschreibt Herbert Grönemeyer in seinem Lied „Der Weg“ seinen Neuanfang nach dem Krebstod seiner Ehefrau. Er singt:

Ich kann nicht mehr seh'n
Trau nicht mehr meinen Augen
Kann kaum noch glauben
Gefühle haben sich gedreht
Ich bin viel zu träge
Um aufzugeben
Es wär' auch zu früh
Weil immer was geht


Wir haben versucht
Auf der Schussfahrt zu wenden
Nichts war zu spät
Aber vieles zu früh

Du hast der Fügung
Deine Stirn geboten
Hast ihn nie verraten
Deinen Plan vom Glück

Ich gehe nicht weg
Hab' meine Frist verlängert
Neue Zeitreise
Offene Welt
Habe dich sicher
In meiner Seele
Ich trage dich bei mir
Bis der Vorhang fällt
Ich trag dich bei mir
Bis der Vorhang fällt

Patrick, wir werden den Weg, den wir bisher mit Dir gegangen sind, weitergehen. Mit Zuversicht und Mut, Lebensfreude und Gottvertrauen. Auf einem anderen Weg bist Du uns vorausgegangen. Aber die Sonnenfinsternis wird der Sonne weichen. Patrick, Deine Kollegen und Partner von Batliner Gasser werden Dir stets ein ehrendes Andenken bewahren. Unsere tief empfundene Anteilnahme gilt seinen Eltern Melitta und Walter und seiner Familie.