Liebe Trauerfamilie

Königliche Hoheit

Sehr geehrte Mitglieder der Regierung

Geschätzte Trauergemeinde

Liebe Freunde von Patrick

Lieber Patrick oder Mon Schüri, wie wir Dich manchmal nannten.

Wir sind heute zusammengekommen, um von Patrick Abschied zunehmen. Dies ist sehr traurig, so traurig, dass sogar zu Beginn des Frühlings die Sonne finster wird. Die Familie von Patrick hat mich gebeten, Ihnen und Euch in diesem schweren Moment etwas über Patrick als Person zu erzählen. Es ist mir eine Ehre dieser Bitte nachzukommen, zumal mir Patrick langjähriger Freund und Farbenbruder war. Es bestand dabei ausdrücklich auch der Wunsch, ihn mit der einen oder anderen Anekdote zu charakterisieren, was beim ereignisreichen Leben von Patrick weniger schwer fällt. Wir denken auch, dass es in Patricks Sinne ist, wenn ich mich auf diese Art seiner Person annähere.

Ich habe Patrick am Rande eines Jugendskirennens im Malbun kennengelernt, wir waren so 10, 11 Jahre alt. Beim Warten fiel mir dieser Junge auf, der mit einem ferngesteuerten Ratrak lustige Dinge angestellt hat. Ich kam mit ihm ins Gespräch, er liess mich mitspielen, zeigte mir wie das ging mit dieser Fernsteuerung. Von aussen betrachtet konnte man zwei kleine Jungen sehen, die viel gelacht haben und Freude am Beisammensein hatten. Ich für mich habe begriffen, das ist ein Kerl, mit dem ist es lustig, mit dem kann man Pferde stehlen, mit dem geht was ab. Sein Wesen war schon früh­ wahrnehmbar.

Patrick, Du bist mir mit Deinem Wesen ans Herz gewachsen.

In der Folge haben wir uns an den Wochenenden bei den verschiedensten Skirennen gesehen und jedes Mal ging unsere Geschichte einen Schritt weiter. Es waren die goldenen Zeiten des alpinen Skisportes und es begab sich, dass Patrick und ich uns zusammen mit einer ganzen Bande im Jugendkader des Liechtensteinischen Skiverbands wieder fanden. Dies bedeutete, dass wir uns mit unseren Kaderkollegen das ganze Jahr hindurch mehrmals wöchentlich für Trainings, aber auch für Trainingslager und für etliche Rennwochenenenden trafen. Aufgrund von Patricks Prioritätensetzung in Bezug auf den Trainingsplan kam der eine oder andere Trainer sprichwörtlich zur Verzweiflung. So war der Besuch der Jugenddisco durchaus wichtiger, wie das Absolvieren des 2. Laufs in einem Slalomrennen. Schulisch wurde Patrick zu dieser Zeit von der Realschule ins Gymnasium befördert. In der Folge ergaben sich noch mehr Möglichkeiten, um sich ausserhalb von Schule und Sport zu sehen und Gemeinsames zu unternehmen und veranstalten.

Patrick, Du bist uns mit Deiner Lebenslust ans Herz gewachsen.

Patrick war schon früh eine gewisse Extravaganz zu eigen. Modisches Kleiden und Stylen wurden ihm wichtig. So ist er nicht nur mit seiner dreifarbigen Frisur in blau blond rot aufgefallen, sondern hat sich u.a. mit der Tatsache, dass er mit einem Fellmantel seiner Mutter in die Schule kam, einen gewissen Ruf erworben. Patrick war am Gymnasium wohl auch der einzige Schüler, der Kajalstifte benutzte. Es ging darum, Grenzen zu erkunden und sie manchmal zu überschreiten, z.B. auch nur damit, um am Samstag mit dem Töffli und seinem Ghettoblaster von Triesen über Wildhaus nach Zürich und zurückzufahren. Grosse Lebenslust, Tatendrang, grosse mitreissende Energie, Spontaneität, Humor sowie eine gewisse Spitzbübigkeit charakterisierten ihn bei all seinem Handeln. Eigenschaften, welche Patrick bis in die Gegenwart bewahrt hat und die in vielen Details bis heute wahrnehmbar sind und waren.

Patrick, Du bist uns mit Deinem Humor ans Herz gewachsen.

Patrick wusste aber auch einzustecken und fand sich in weniger favorablen Situationen gut zu recht. Illustrierend mag hier zu die Geschichte dienen, bei der er mit seiner Dreifarbenfrisur am Autostoppen ist. Der Fahrer nimmt Patrick mit. Der Fahrer nimmt erst während der Fahrt Notiz von Patricks farbenfroher Haarpracht. Er gibt ihm unmissverständlich zu verstehen, dass er gedacht habe, dass es sich um eine farbige Skikappe handle. Wenn er gesehen hätte, dass das in der Tat gefärbte Haare sind, hätte er ihn mit Sicherheit nicht mitgenommen. Die beiden kamen während der Fahrt dann aber dennoch ins Gespräch und Patrick liess seinem gleichermassen grossen Charme und Geist seinen Lauf. Am Schluss klopfte ihm der Fahrer auf die Schulter und sagte ihm, er sei ja doch ein ganz ordentlicher Kerl. Wie recht dieser Fahrer doch hatte.

Patrick, Du bist uns mit Deinem Charme ans Herz gewachsen.

Es kam der Tag, an dem die Weiterführung seiner schulischen Karriere in Liechtenstein für Patrick nicht mehr realisierbar war. Es war so, dass mit fast allem, was irgendwie am Gymnasium schief ging, der Name von Patrick Schürmann assoziiert wurde. Patricks Eltern haben ihn daraufhin in einer etwas strengeren Umgebung am Kollegi in Schwyz untergebracht, was von Erfolg gekrönt war. Von nun an waren auch seine Schulfreunde vom Kollegi an den Wochenenden regelmässig in Liechtenstein präsent, was von uns gemeinhin als Bereicherung wahrgenommen wurde. Nach der Matura folgte

das Studium in Sankt Gallen, welches er dann in kürzest möglicher Zeit absolvierte. Es kamen Anwaltsausbildung, Zweitstudium in Brüssel und Doktorat in Salzburg, eine erfolgreiche und respektierte Tätigkeit als Anwalt sowie die Partnerschaft in der Anwaltskanzlei. Dabei kam zum Vorschein, dass Patrick auch eine sehr disziplinierte, professionelle und konsequente Seite hatte, welche all diese Erfolge ermöglichte. Es hat Patrick mit Genugtuung erfüllt, dass er, nachdem niemand am Gymnasium mehr etwas auf ihn gewettet hätte, seinen eigenen Weg machen konnte, und dass er damit sehr erfolgreich war. Diesen Erfolg hat er gerne auch geteilt. Er war sehr grosszügig, hat oftmals Feste ausgerichtet, wobei es ihm wichtig war, Bindeglied in seinem Bekanntenkreis zu sein. Er war einer derjenigen, die Freundschaften aktiv pflegen und Menschen zusammenbringen. Wo er dabei war, war etwas los und sein Haus stand seinen Freunden immer offen.

Patrick, Du bist uns mit Deiner Grosszügigkeit ans Herz gewachsen.

Was sich schon früh im Skikader abgezeichnet hat, wurde an seinen Festen immer mehr offenbar: Auch wenn Patrick nicht wirklich gut singen konnte, so tat er dies mit voller Leidenschaft. So zog er sämtliche Festbesucher in seinen Bann und riss sie mit, wenn auch nicht mit seiner Stimme, aber umso mehr mit seinen Gesten, seiner Mimik und seiner Energie. Er war auch durchaus in der Lage, dem Alleinunterhalter in der Bar des Quellenhofs Bad Ragaz das Mikrofon abzunehmen und einen kurzen Gastauftritt hinzulegen. Seine Interpretationen aus verschiedensten Musikgenres sind Legende. Und für mich wird Zeit Lebens klar sein, dass das Lied „Griechischer Wein" nicht von Udo Jürgens sondern von Patrick stammt.

Patrick, Du bist uns mit Deiner Musik ans Herzgewachsen.

Bei Dingen, bei denen man besser nicht erwischt wird, kam es dann doch ab und zu vor, dass Patrick erwischt wurde. So z.B. als er mit einem befreundeten Jusstudenten blinkende Strassenlampen auf Strassen beidseits des Rheins einsammelte und mit diesen morgens um fünf Uhr auf dem Lindenplatz in Triesen die Linde mitten im Sommer in einen blinkenden Christbaum verwandelte. Das Ganze drohte aufzufliegen, Patrick übernahm Verantwortung und hat die Angelegenheit auf seine Art und Weise geregelt. Auch wenn es sonst mal unangenehme Situationen gab, Patrick ist für sein Verhalten eingestanden.Verantwortung hat er aber nicht nur für sich selbst, sondern auch in der Gesellschaft für andere übernommen, in dem er sich nebenberuflich in Regierung, Treuhändervereinigung, bei schwanger.li, der Liechtensteinischen Akademischen Verbindung Rheinmark und dem Beach­ Volleyball-Turnier in Vaduz engagiert hat. Patrick kann mit seinem vielfältigen Engagement für die Gemeinschaft als Vorbild dienen.

Patrick, Du bist uns mit Deinem Engagement ans Herz gewachsen.

Patrick hatte auch einen Sinn für Kreativität. Weniger im bildnerisch-künstlerischen Sinn, vielmehr in der Neuinterpretation von angestammten Rollen. So war er, von Geburt aus Schweizer Bürger, pflichtgemäss der Wehrpflicht für die Schweizer Armee nachgekommen. Er hatte es geschafft, bei den Festungstruppen zum Krankenwagenfahrer ausgebildet zu werden, was allgemein als sogenannter Schoggijob anerkannt war. Dies hat ihn aber nicht davor bewahrt, als Soldat auch

Wachtdienst leisten zu müssen. Die Regeln für das Wacheschieben sind, dass man ruhig stehen muss und nicht mehr als das Nötige sprechen darf. Eine wirklich öde Sache würde man denken. Patrick ist es gelungen, wiederum mit Charme und Geist einen kleinen weiblichen Fanclub um sich zu scharen, welcher mit ihm die Wachtdienste bestritt und sie ihm kurzweiliger erscheinen liessen. Dieser Teil war im Dienstreglement der Schweizer Armee nicht vorgesehen und lässt einzigartige Fähigkeiten erkennen. Patrick war ein Meister darin, das Nötige mit dem Angenehmen zu verbinden.

Bezüglich der Neuinterpretation von angestammten Rollen bleibt auch diejenige des volksnahen Politikers in Erinnerung. Als stellvertretender Regierungsrat hat Patrick bei Antonio im alten Pizza Potenza das Thema der Volksnähe auf besondere Art und Weise aufgenommen, was ihm nicht nur Zuspruch verschafft hat. Trotz zum Teil harscher Kritik ist er sich treu geblieben und hat sich nicht unterkriegen lassen. Eine Neuinterpretation von Rollen hat er auch an den Tag gelegt, als die Eltern einer Freundin am alpinen Töchterinstitut in Ftan nicht am Elterntag teilnehmen konnten. Er hat das als Chance begriffen und besuchte die Freundin zusammen mit einem Freund als „Ersatzeltern", was im Engadin einiges an Schmunzeln ausgelöst hatte. Er ist in vielem seinen absolut eigenen Weg gegangen und hat andere daran teilnehmen lassen.

Patrick, Du bist uns mit Deiner kreativen und spontanen Lebensweise ans Herz gewachsen.

Patrick hat das Leben und seine Annehmlichkeiten gerne in vollen Zügen genossen. Dabei ist er häufig spontan auch seinen Impulsen gefolgt. Diesbezüglich erwähnenswert ist die letzte Etappe einer Interrail Reise, welche Patrick zusammen mit einem Freund von Marokko zurück nach Hause führte. Nachdem ihm in Portugal sein Rucksack und in Marokko sein letztes Geld entwendet wurden, hatte er sich ganz im Süden Spaniens mit dem letzten wenigen von seinem Reisepartner geliehenen Geld in einen Laden begeben, um sich mit Proviant für die über 48 stündige Reise nach Sargans einzudecken. Er hielt die Dinge einfach  und kam zurück mit einem Sack voll Bier und Batterien für seinen Ghettoblaster. Das Geld war gänzlich aufgebraucht. Nachdem dem etwas verärgerten Freund ob den von Patrick gesetzten Prioritäten nicht mehr wirklich nach Feiern zu Mute war, zog sich Patrick spätabends mit dem Einkauf in den leeren Speisewagen zurück und begann, ganz mit sich alleine, zu singen und ein Fest zu feiern, bis die Vorräte bereits in Madrid aufgebraucht waren. Die daran anschliessende Reisedauer war geprägt von Durst und Hunger. Diesen konnten die Beiden stillen, als sie in Basel von einer mitreisenden Frau aus Mitleid auf eine Mahlzeit eingeladen wurden.

Lieber Patrick, Du bist uns mit Deinen Feierlaunen ans Herz gewachsen.

Bei all dem gesagten war Patrick auch ein Freund, welcher Zuhören konnte, mit dem ich viele nicht nur lustige, sondern auch geistreiche und persönliche Diskurse hatte. Er ist den Seinen immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Vor knapp 2 Jahren rief er mich an, und wollte bezüglich eines medizinischen Befundes mit mir sprechen. Es war jener überaus ernste Befund, welcher sein Leben schlagartig verändert hat. Mit der ihm eigenen Disziplin, Konsequenz und Kreativität hat er dabei auch hier seinen eigenen Weg gefunden, um gegen seine bedrohliche Erkrankung anzugehen. Es war ihm dabei wichtig, aus seiner Krankheit kein Aufheben zu machen, seinen Aufgaben weiterhin nachzukommen und sein Leben so gut als möglich weiterzuleben. Patrick gab auch in dieser schweren Zeit nicht auf, er glaubte an die Zukunft und erfüllte sich den Traum vom Haus am See.

Nach längerer Zeit der Verschlechterung war es im letzten Herbst unglaublich schön zu sehen, dass es Patrick immer besser ging, ja, dass er aufblühte. Leider war diese Besserung nur von kurzer Dauer. Vor 10 Tagen ist Patrick im Spital verstorben. Es war in jenem Spital, in welches er zu seinem Amüsement vor 6 Jahren als einer der ersten Verdachtsfälle für Schweinegrippe in der Schweiz unter Quarantäne gesetzt wurde. Es war auch das Spital, welches sich während der vergangenen Zeit hervorragend um ihn gekümmert hat.

Was bleibt sind mehrere grosse Lücken, starke Trauer aber auch tief empfundene Dankbarkeit für all die gemeinsam verbrachte Zeit.

Lieber Patrick. Du bist uns ans Herz gewachsen. Wir tragen Dich darin weiter.

Liebe Melitta, lieber Walter, lieber Philippe, liebe Banu, lieber Niko, lieber Luka. Wir sind bei Euch und für Euch Da.

Wenn ich jetzt an Patrick denke, dann habe ich ihn im Zug in Spanien vor meinem inneren Auge: alleine im Speisewagen sitzend, singend, fröhlich und voller Tatendrang. Vor ein paar Tagen war ein Schweif zu sehen, welcher hell am Himmel aufleuchtete. Für mich war das dieser Zug, mit dem sich Patrick unter donnerndem Getöse von der Erde verabschiedet hat.

Lieber Patrick, Dein Zug ist auch unser Zug. Er wird immer wieder auf die Erde zurückkehren. Wenn meine Zeit gekommen ist, steige ich ein, suche den Speisewagen und freue mich auf Dich.

Adieu, Mon Schüri!

Unter tatkräftiger Mithilfe von Sissi, Schalla, Mini, Alain Jehle & Corina.
Lenz, 20.3.2015